Kino-Zeit, 13.02.2016

...Seefahrerlegenden beschreiben einen Wahnsinn, der jeden ergreift, der zu lange auf das Meer starrt...
Lucas Barwenczik

(...) Der Regisseur lässt das Gezeigte aus dem Off immer neu kommentieren, wodurch eine Art auditiver Kuleschow-Effekt eintritt. Mehrdeutigkeit triumphiert über die Sehnsucht nach klaren Verhältnissen. Schon der Titel bezieht sich nicht nur auf die dargestellte Schiffsnot. Auch Europa selbst erscheint im Umgang mit der Flüchtlingskrise wie ein trudelnder Kahn, der nicht vom Fleck zu kommen scheint. Der sich mal im wilden Wasser hin und her windet und sich immer wieder um sich selbst dreht, mal träge in der Flaute dahintreibt, in der trügerischen Ruhe vor dem Sturm. Und auch die Immigranten, wie sie in den Tonaufnahmen auftreten, scheinen zwischen zwei Kontinenten gefangen. Zwischen zwei Welten, die mehr als nur das Mittelmeer trennt. Auch wenn Havarie einen Zustand der Unbeweglichkeit beschreibt, ist es ein Film von großer Urgenz. Scheffner arbeitet nicht mit Spannungselementen, sondern verweist anders auf den Ernst der Lage: Immer wieder mischen sich Uhren in die Klangkulisse. Auch die Aufnahme selbst entwickelt ein unaufhörliches Ticken, das Bild selbst bricht mit einem deutlichen Klicken um, als würde ein gewaltiger Countdown heruntergezählt. (...) Ganzer Artikel