(...) Havarie sucht nach einem repräsentationspolitisch gebrochenen Bild für die europäische Flüchtlingspolitik, deren Abbildung üblicherweise nur zwei Pole kennt: die Verengung auf einzelne Protagonisten und ihr individuelles Drama oder, sehr viel verbreiteter, die anonyme, hilflose Masse – auf den überfüllten Booten, in den Flüchtlingslagern. Wie schon in Scheffners vorherigen Arbeiten The Halfmoon Files (2007), Der Tag des Spatzen (2010) und Revision (2012) ist das Ausgangsmaterial von Havarie ein Fragment ohne kontextuelles Gehäuse, ein Fundstück. Scheffner fand die Amateuraufnahmen des irischen Touristen Terry Diamond vom 14. September 2012 auf YouTube und streckte den 3:36 Minuten kurzen Clip auf eine Dauer von 90 Minuten. 90 Minuten lang auch lagen die beiden Boote nebeneinander, nachdem das Kreuzfahrtschiff die spanische Seenotrettung kontaktiert hatte. Die Machtasymmetrie, in die der Betrachter unweigerlich miteingeschlossen wird, ist hier vor allem eine des Blicks. (...) Ganzer Artikel
Frieze, 19.02.2016
Konkretion und Abstraktion
Esther Buss