Filme, die nur so tun, als wären sie Dokumentarfilme (...)
Philip Scheffner, der hier bereits mit seinem inszenierten Film-im-Dokumentarfilm And-Ek Ghes vorgestellt wurde, hat in dem zweiten, ebenfalls im Forum präsentierten Film Havarie die Wirklichkeit gedehnt, bis sie sich in ihrer ganzen Deutlichkeit zu erkennen gibt: Havarie, das ist der Schiffbruch mit Zuschauer. (...) So entsteigen, ähnlich wie in seinem Film The Halfmoon Files (2007), den Zwischenräumen der Einzelbilder die Geschichten der Menschen wie Gespenster- und Geistergeschichten. (...) Natürlich erfahren wir nichts über die realen Schicksale der im Meer Treibenden, auch blendet Scheffner sowohl den Ort als auch die weitere Entwicklung aus (wurden die Havaristen gerettet?). Alles wird, wie in der Dehnung der Aufnahme, zeitenthoben, der Wirklichkeit entrissen. Universalität macht sich breit und Anthropologie: die Geworfenheit des Menschen angesichts seiner Träume und Wünsche.(...) Philip Scheffner, das darf nicht vergessen werden, hat für die Tonspur in weiten Teilen gleichfalls in der Art des Dokumentarfilmers gearbeitet. Er reiste nach Nordafrika, in die Orte des Aufbrechens und zu den Küstenwachen am Mittelmeer und filmte die interviewten Menschen. Später behielt er von den Aufnahmen nur die Tonspur behielt. Er hat, indem er das Anfangsbild für seinen Film, das im Meer treibende Boot, nicht durch andere Bilder bedrängte oder ergänzte, trotz aller Bearbeitung und künstlerischer Entfernung, die Essenz des Bildes und des Hergangs bewahrt. Ganzer Artikel
Artechock, 19.02.2016
Fiktionen des Wirklichen
Dunja Bialas